Kinderzimmer Productions

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Das Sample läuft in die falsche Richtung, der Drum-Loop geht gegen sich an, das Klavier tritt auf der Stelle, Textor betritt den Raum mit einer Kopfnicker-Line. Kann das funktionieren, hier, heute? Bevor man sich diesen Fragen ernsthaft widmen kann, ist man schon wieder ganz woanders, beim menschlichen Körper, dem Ausrufen einer Unmittelbarkeit, und all das fühlt sich noch irritierender an, weil der Beat darunter so artig in Schleife schlingert, sich also alles und nichts geändert hat, nach zehn Sekunden im Song, nach zehn Jahren in der Wirklichkeit.Um diesen Dreh spielten Kinderzimmer Productions ihre letzten Konzerte, (ziemlich) unplugged in Dortmund undorchestriert in Wien, eine experimentelle, aber versöhnliche Geste zum Abschied nach rund zwanzig Jahren HipHop, verbracht immer leicht neben der Spur. Von den Anfängen als Trio unter dem bereits sehr kinderzimmertauglichen Namen „Die 3 Rüben“ über die Zeit als Duo, dessen Name sich der Kompromisslosigkeit der Crew Boogie Down Productions verpflichtet, sich im gleichen Atemzug aber auch der Differenz zwischen Ulm und Bronx bewusst ist, bis hin zu Erfolgen in Feuilletons und auf Festivalbühnen. Sechs Studioalben lang biss sich die Zähne aus, wer die Musik einordnen wollte –für die Charts war der Sound zu rumpelig, die Texte pöbelten zu sehr, ohne von der Straße zu kommen, die Songs drifteten in Jazz-Gefilde ab, ohne HipHop zu verlassen. Als deutschsprachiger Rap dann zum zweiten Mal nach dem Boom und der anschließenden Flaute um die Jahrtausendwende eine kleine Pause wollte, willigten Henrik von Holtum (aka Textor) und Sascha Klammt (aka Quasi Modo) ein. Die Ära Aggro ging zu Ende und das Kinderzimmer stellte die Produktion ein. Wenn dieser Tage mit Todesverachtung To Goalso doch noch ein siebtes Album erscheint, darf man durchaus eine kurze Unsicherheit spüren ob der vergangenen Zeit, doch wie vorweggenommen: Die Musik löst jeden Zweifel in kürzester Zeitauf, gerade weil Kinderzimmer Productions so früh einen eigenständigen Ansatz entwickelt haben, den sie auch 2019 problemlos verfolgen können. Gerade nach manchem Comeback, das zwischen Zeitgeist und Tradition eher ratlos wirkte, ist diese Gewissheit eineWohltat, ohne dass die Platte langweilt. Im Gegenteil, Teil des Plans ist es ja, planlos schier endlose Räume zu bauen, in denen sich Bassläufe verirren können, durch die Orgeln spuken, Stimmen abheben und Drums wie Heuballen rollen. Nur hier hat Textor genügend Platz, sich durch ein Niemandsland zwischen Gymnasiastensprech und Battle-Rap zu assoziieren. Zur üblichen Rückmelderhetorik gibt es keinen Anlass, an solchem „Galavorgehen“ besteht kein Bedarf, es braucht auch keine persönlichen Reflektionen oder Blicke auf das bereits gelebte Leben, schließlich handelt es sich nicht