JaKönigJa

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Nach einer äußerst harten Geduldsprobe – das letzte Album erschien 2008 – hat das lange Warten nun ein Ende: JaKönigJa präsentieren ihre neue Platte und sie ist – man hatte es geahnt – rundherum wundervoll geworden. Wer aber nach dem zwischenzeitlichen Engagement einiger Bandmitglieder bei avancierten Technoprojekten wie Die Vögel (das berühmte „Fratzengulasch“ z.B.) eine stärkere elektronische Ausrichtung der Musik erwartet hatte, wird schnell eines Besseren belehrt. Zwar saß mit der Ex-Kölner Wahl-Hamburgerin Ada eine der derzeit besten Elektronik-Produzentinnen der Szene an den Fadern, um das Album letztgültig abzumischen. Sie verzichtete dabei aber konsequent auf jegliche technoide Signaturen und unterstrich stattdessen die akustische Luftigkeit der Lieder und der Arrangements sowie ihr eigenes, nun offensichtliches, Talent, auch außerhalb ihres 'normalen' Kontextes Produktionsglanz versprühen zu können.

Vor dem Hintergrund der Verquickung von Künstlerischem und Privatem wäre es naheliegend, „Emanzipation im Wald“, das 6. Album von JaKönigJa in über 20 Jahren, als eine Art Ansprache an die Natur, als ein Meisterwerk geglückter Stadtflucht zu begreifen. Diese Geschichte wäre verlockend, Indizien weisen darauf hin. Allein, die Story stimmt so nicht. Zwar wohnen Ebba und Jakobus Durstewitz, der Gründungskern dieser glorreichen Band, mittlerweile tatsächlich auf dem Land. Doch die Lieder entstanden alle noch in der großen Stadt, zu einer Zeit, als beide noch nicht im Traum daran gedacht hätten, nur wenige Monate später in der Nähe eines Dorfs vor Hamburgs Toren zu leben.

„Insbesondere mich hat es nie aufs Land gezogen. Gewisse Naturreferenzen auf dem Album haben sich einfach ergeben und sind auch metaphorisch zu lesen. Es waren die Hamburger Mietpreise, es war die sogenannte Gentrifizierung, es war wohl eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, die uns schließlich aufs Land getrieben hat“, berichtet Ebba. Schon vor zwei, drei Jahren, als sie die Arbeit an „Emanzipation im Wald“ aufnahmen, trieb sie ein suchendes Gefühl um, die Sehnsucht nach „anderen Orten“, nach einer „postapokalyptischen Heterotopie“ (besonders deutlich im Lied „Die Zukunft gehört dem Pferd“ formuliert), von der sie noch nicht ahnen konnten, wie nahe sie ihr schon bald kommen sollten.

Mandolinen, Posaunen, halb-akustische Gitarren, Klavier, Cello, kleine Percussion - dieses Gedeck definiert den Klangraum. Anders als auf den letzten beiden JKJ-Alben gibt es nur zweimal so etwas wie einen richtigen Schlagzeug-Beat, nämlich bei der instrumentalen Eröffnungsnummer der B-Seite der LP, „Bitte sagen Sie jetzt nichts“, und bei einem der potentiellen Hits, „Woher kommst du?“, mit dem das Album auch beginnt. Trotz des vielleicht eher folkig wirkenden Instrumentariums pflegen JaKönigJa eine Songform, die sich keiner spezifischen Gegend zuordnen lässt. Die Sehnsucht nach diesen anderen Orten, nach Zuflucht, aber auch nach Ortlosigkeit und Unverortbarkeit, ist das verbindende Element der Songs. Feingeister können vielleicht leise Einflüsse von Leuten wie Bacharach, Beach Boys, vielleicht auch Van Dyke Parks und Eisler erahnen, Nord-, Süd- und Mittel-Americana, amalgamiert aber nicht im sonnigen Kalifornien, sondern eben in Norddeutschland. Jedoch sind die drei (neben Ebba und Jakobus Durstewitz ist der Filmmusikkomponist und - produzent Marco Dreckkötter seit den Gründungstagen stets und nach wie vor mit an Bord) keine eklektischen Nerds, denen es darum ginge, stolz ihre Referenzen herzuzeigen. Vielmehr hat jahrzehntelanges Hören, Spielen und Texten von Lieblingsmusiken zu einem inzwischen traumwandlerischen Umgang mit dem Material geführt, bei dem nichts präzise zitiert werden muss (dass die Streicherarrangements zumindest in einem Fall „ELO-mäßig“ gedacht wurden, sei hier aber dennoch nicht verschwiegen). Welchen Orten auch immer – musikalisch wie topographisch – sich das Songwriting von JaKönigJa verdankt, für uns bleibt die Freude über zehn äußerst schöne, neue Lieder, versammelt an einem temporären Zufluchtsort, den diese Platte darstellt.

Autor: Hans Nieswandt, 1.Mai 2016