F.S.K.

Anfrage Spotify Presse



Am 13. Oktober 2023 erscheint ein neues Album von Freiwillige Selbstkontrolle / F.S.K. (laut Discogs die 17. reguläre Langspielplatte), abermals bei Buback in Hamburg. Gegründet 1980 in München, spielt die Band noch immer in Original-Besetzung: Justin Hoffmann an Keyboards und Gitarre, Thomas Meinecke an Gitarren, Kornett und Drum Pads, Michaela Melián an Bass und Cello, Wilfried Petzi an Gitarre, Mandoline und Posaune. Seit 1990 gibt es als fünftes festes Mitglied den Schlagzeuger Carl Oesterhelt, der die Drum Machine ersetzte und als einziger im Line-up nicht auch singt.

Von Anfang an verstand sich die Band in der Tradition von Art School Bands: nicht Virtuosität, sondern Haltung spielt die zentrale Rolle. F.S.K. machen Musik über Musik, was sowohl ihre eigenen Stücke als auch zahlreiche Cover-Versionen betrifft, die besonders seit dem häufigen Auftreten und Aufnehmen in U.K. (für John Peel) und U.S.A. (mit David Lowery) in den 1980ern und 1990ern ins Programm genommen wurden.

Aktuelle Strömungen werden zu Material, und dabei entwickelte sich, quasi als Effekt, ein unverwechselbarer Bandsound. Das überschwängliche Aneignen, Überschreiben und Fortschreiben von Musik hat bis heute nicht nachgelassen: Es gab Platten, die zeitgenössischer Post Punk waren, später wurden Folk-Formen (Polkas, Jodeln) ausprobiert, dann abstraktere Patterns (Post Rock, Elektronische Musik), wobei nach wie vor im Band-Format produziert wurde (selbst wenn die Musik auf Techno-Labels erschien). In den letzten Jahren tritt die Band gezielt selten auf, ihr letztes Album war 2016 ein Live Album aus dem HKW, Berlin.

Das neue Studio Album, TOPSY-TURVY, greift in mancherlei Hinsicht auf Arbeitsweisen aus vergangenen Band-Perioden zurück. So gibt es, wie auf den ersten Alben, Streicher- und Bläser-Overdubs, die mitunter ins spätromantisch Orchestrale lappen, aber auch improvisatorischer Natur sind (Cello, vierhändiges Klavier, Trompete). Die acht Stücke wurden in dem von der befreundeten Band The Notwist zur Verfügung gestellten Alien Research Center in Live Takes produziert und von Mario Thaler gemischt, mit dem F.S.K. bereits ab Mitte der 1990er Jahre drei Alben aufgenommen hatten.

Justin spielt Synthesizer, deren Sound immer wieder an den trockenen Elektro-Funk des Post Disco Sound of Los Angeles erinnern, Michaela steht dieses Mal fast ausschließlich an einem Bass Synthesizer, Carl und Thomas, analog und elektronisch, spielen die ganze Zeit quasi vierhändig Drums, und die akustischen Instrumente (Klavier, Trompete, Posaune, Cello) werden in Gedanken an neuere Jazz-Erscheinungen aus Chicago oder London eingesetzt. Die einzige Gitarre kommt von Wilfried.

Die Songs handeln von einem posthumanen Parlament der Dinge („Nichtmenschliche Wesen fressen einen Besen, sobald sie einen Bürger sehn“), von dem Filmemacher (des epochalen Werks Shoah) Claude Lanzmann und seinem Bruder (der die Texte für Jacques Dutronc schrieb). Die Klebetechniken im aktuellen Demonstrationswesen werden in dem Song Stirn zeigen besungen, das Verschwinden unserer Kaufhäuser in einer neuen Interpretation eines sehr alten F.S.K. Songs: Kaufhalle Revisited. Eine Ballade über Theodor W. Adornos geliebtes Amorbach setzt den Odenwald sonisch ins Bild. (Auf F.S.K.’s erster Techno-Platte gab es bereits ein Instrumental namens Odenwald). Digital Benin (November 2022) handelt logisch von der Rückgabe kolonialer Beutekunst („Das sind keine Kokosnüsse“). Du erlebst das Quintett auf dieser LP ein weiteres Mal als ergebene Fans afrikanischer, nicht nur afro-amerikanischer Musiken. Es gibt auch ein sich selbst erklärendes Instrumental: Home Office. Und ein unglaublich seltsames Mood Piece in Spoken Poetry: The Topsy-Turvy World.

Topsy-turvy, - drunter und drüber ist die Musik dieser Band immer gewesen.

LISTEN !!